Ihr Umgang mit Bußgeldbescheiden bei der Dienstwagenüberlassung
Was müssen Sie beim Bußgeldmanagement alles beachten?
Lesezeit: 7 Minuten FAHRER & ZUFRIEDENHEIT: Ihre Dienstwagenfahrer sind persönlich haftbar, wenn sie gegen Verkehrsregeln verstoßen. Trotzdem landen Bußgeldbescheide bzw. Anhörungsbogen im Rahmen der Dienstwagenüberlassung zunächst beim Fahrzeughalter, also in der Regel auf dem Schreibtisch des Fuhrparkverantwortlichen. So müssen Sie als „Bußgeldmanager“ nicht nur tätig werden, sondern auch grundsätzliche Regelungen zum Umgang mit Ordnungswidrigkeiten im Flottenbetrieb treffen.
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Wie verfahren Sie mit Bußgeldbescheiden bei der Dienstwagenüberlassung?
Für die Sicherheit im Straßenverkehr müssen sich alle Verkehrsteilnehmer an die gesetzlichen Regeln, insbesondere die Straßenverkehrsordnung (StVO) halten. Bei der Dienstwagenüberlassung stimmen Fahrer und Fahrzeughalter für gewöhnlich nicht überein. Verstößt einer Ihrer Dienstwagenfahrer gegen Verkehrsregeln, begeht er eine Ordnungswidrigkeit, schlimmstenfalls eine Straftat, für die er persönlich haftet. Trotzdem ist auch der Fahrzeughalter verpflichtet, seinen Beitrag im Bußgeldverfahren zu leisten.
Ordnungswidriges Verhalten wird nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) durch Bußgeldbescheid geahndet – je nach Schweregrad des Verstoßes mit einem Verwarn- oder einem Bußgeld, ggf. zusätzlich mit Punkten bis hin zum Fahrverbot. Schuldhaft begangene Geschwindigkeitsverstöße sind laut Statistik zu Verkehrsauffälligkeiten des Kraftfahrtbundesamts die häufigsten Ordnungswidrigkeiten, die Bußgeldbescheide gemäß Punktekatalog nach sich ziehen können – vermutlich auch bei Ihren Dienstwagenfahrern das dominierende Fehlverhalten.
Was müssen Sie und Ihre Fahrer also tun, wenn Behörden Bußgeldverfahren gegen Ihre Dienstwagenfahrer einleiten?
Fuhrparkverantwortliche sind in der Pflicht, zur Fahrerermittlung im Bußgeldverfahren beizutragen
Grundsätzlich muss nicht der Halter der Firmenfahrzeuge die Bußgelder für Ordnungswidrigkeiten zahlen, sondern die Fahrer, also die Dienstwagenberechtigten oder andere Fahrer, falls Dritte die Fahrzeuge gefahren sind. Sofern diese nicht bei einer Ordnungswidrigkeit von der Polizei direkt angehalten wurden und daher nicht bekannt sind, wenden sich die Behörden – aufgrund der Zuordnung der Autokennzeichen zum Halter der Firmenfahrzeuge – an Sie, um die betreffenden Fahrer zu ermitteln.
Im Bußgeldverfahren bekommt der Beschuldigte Gelegenheit, im Anhörungsbogen Stellung zu der ihm zur Last gelegten Ordnungswidrigkeit zu nehmen, den die Behörde an ihn verschickt hat. Der Empfänger des Anhörungsbogens muss sich – nach dem Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit als Bestandteil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts im Sinne des Grundgesetzes sowie der Europäischen Menschenrechtskonvention – nicht zum Vorwurf äußern. Er ist jedoch ausnahmslos verpflichtet, zu prüfen, ob die Angaben zur Person korrekt sind. Daher ist Ihr Unternehmen als Fahrzeughalter und damit als Zeuge im Ordnungswidrigkeitsverfahren gehalten, der Behörde den Nutzer des überlassenen Dienstwagens nach Eintreffen des Anhörungsbogens zu benennen.
- Schicken Sie daher den Anhörungsbogen mit den Daten des Dienstwagenberechtigten fristgerecht an die Behörde zurück, damit Ihnen keine weiteren Kosten entstehen, wenn Sie Antwortfristen versäumen. Der Text könnte wie folgt lauten: „Das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen <Kennzeichen> ist <Name, Adresse> als Dienstwagen zur Nutzung überlassen worden.“
- Informieren Sie gleichzeitig Ihren Dienstwagennutzer über das Bußgeldverfahren per Kopie des Antwortschreibens.
- Falls Sie die Verwaltung von Strafmandaten und Ordnungswidrigkeiten, das sog. Bußgeldmanagement, an einen Dienstleister auslagern, leiten Sie das jeweilige Schreiben der Behörde unverzüglich an Ihren Dienstleister weiter, damit keine Fristen verstreichen.
Tipp „So teuer kann’s werden“
Bevor ein Anhörungsbogen oder Bußgeldbescheid ins Haus flattert, können Ihre Fahrer zum Beispiel mit dem kostenlosen ADAC-Online-Bußgeldrechner checken, ob sie bei ihrem festgestellten Verstoß mit Punkten oder einem Fahrverbot rechnen müssen oder ob es bei einem Bußgeld bleibt.
Fahrer müssen ihr Bußgeld zahlen oder können Einspruch erheben
In der Regel erhält der vom Fuhrparkverantwortlichen benannte Dienstwagennutzer einen Anhörungsbogen. Wird kein anderer Fahrer der Behörde mitgeteilt, schickt die Behörde regelmäßig den Bußgeldbescheid mit allen Informationen zum Tatvorwurf und resultierendem Bußgeld, Anzahl an Punkten und ggf. Fahrverbot an Ihren Dienstwagenfahrer. Eine Rechtsschutzversicherung ist an dieser Stelle hilfreich. Der Betroffene hat nun zwei Möglichkeiten:
- Entweder er zahlt sein Bußgeld innerhalb der vorgegebenen Frist oder
- er holt sich bei einem Fachanwalt für Verkehrsrecht eine Erstberatung, ob es sich lohnt, Einspruch nach § 67 OWiG zu erheben, z. B., wenn der Bußgeldbescheid fehlerhaft ist oder aufgrund eines Messfehlers die Höhe der Geschwindigkeit für ein Fahrverbot womöglich nicht ausreicht.
Denn stünde durch das Ordnungswidrigkeitsverfahren etwa ein Fahrverbot im Raum, hätte dies erheblichen Einfluss auf die Mobilität und nicht zuletzt auf den eigenen Job, so dass der Fahrer dann entscheiden sollte, einem Anwalt ein Mandat zu übertragen oder selbst Einspruch zu erheben.
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Fünf Dinge, die Sie beim Bußgeldmanagement grundsätzlich regeln sollten
Wenn Sie für das Bußgeldmanagement in Ihrem Unternehmen verantwortlich sind, sollten Sie im Vorfeld verschiedene Aspekte regeln. Lesen Sie im Folgenden, um welche fünf Fragestellungen Sie sich kümmern sollten, bevor Bußgeldbescheide für Ihre Dienstwagenfahrer überhaupt bei Ihnen eintreffen.
1. Wie stellen Sie den Schutz der Daten Ihrer Fahrer im Bußgeldverfahren sicher?
Bei der Bekanntgabe von persönlichen Fahrerdaten an Dritte – z. B. an einen Dienstleister, der das Bußgeldmanagement für Sie übernimmt – sind Sie entsprechend den Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes verpflichtet, vorab das Einverständnis Ihrer Fahrer einzuholen. Gegenüber einer ermittelnden Behörde bedarf es einer Einwilligung nicht.
2. Was müssen Sie bei Bußgeldbescheiden beachten, wenn Dienstwagen durch Dritte genutzt werden dürfen?
Sollte es Ihren Dienstwagenberechtigten gemäß Dienstwagenüberlassungsvertrag bei der Firmenwagen-Privatnutzung gestattet sein, ihren Dienstwagen durch Familienmitglieder oder durch weitere Dritte fahren zu lassen, können Sie Ihre Fahrer im Dienstwagenüberlassungsvertrag verpflichten, bei der Nutzung durch Dritte ihr eigenes Fahrtenbuch zu führen, so dass belegt werden kann, wer zu dem Zeitpunkt einer Ordnungswidrigkeit das Firmenfahrzeug geführt hat.
3. Was müssen Sie zur Fahrerermittlung bei Poolfahrzeugen ohne feste Fahrerzuordnung beitragen?
Haben Sie einen Pool an Fahrzeugen in Ihrer Flotte, die durch unterschiedliche Mitarbeiter genutzt werden, empfiehlt es sich dringend, Fahrtenbücher für diese Poolfahrzeuge ohne feste Fahrerzuordnung zu führen. Denn sollten Sie bei Poolfahrzeugen, bei denen kein Fahrtenbuch geführt wurde, überhaupt keine Angaben machen, wem das Fahrzeug überlassen war, droht eine behördliche Fahrtenbuchauflage. Diese kann sich auf das einzelne Fahrzeug, aber auch auf den gesamten Fuhrpark auswirken.
4. Wie können Sie Ihre Fahrer im Bußgeldverfahren unterstützen?
Wenn Ihr Unternehmen als Arbeitgeber seine Dienstwagenfahrer im Bußgeldverfahren unterstützen möchte, könnten Sie einen Dienstleister für Bußgeldmanagement oder eine Anwaltskanzlei direkt beauftragen, die Einsprüche im Rahmen einer Flotten-Verkehrs-Rechtsschutzversicherung abzuwickeln, die Deckungszusagen in Straf- und Ordnungswidrigkeitsverfahren als Leistung anbietet.
5. Wie regeln Sie die Kostentragung des Bußgeldverfahrens?
Verhalten sich Ihre Dienstwagennutzer oder die zur Nutzung berechtigten dritten Personen ordnungswidrig, haften diese persönlich und tragen die daraus entstehenden Konsequenzen wie Bußgelder, Punkte oder Fahrverbote. Trotzdem empfiehlt es sich, den Aspekt der Kostentragung im Dienstwagenüberlassungsvertrag klar zu regeln. Halten Sie daher fest, dass Ihre Mitarbeiter die Aufwendungen für Verwarnungs-, Ordnungs- und Bußgelder tragen, insbesondere bei Verstößen gegen die Vorschriften des Straßenverkehrsgesetzes (StVG), der Straßenverkehrsordnung (StVO) und der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO).
Wer zahlt das Bußgeld?
Formulieren Sie die Rechte und Pflichten Ihrer Fahrer im Dienstwagenüberlassungsvertrag eindeutig – auch, wer Bußgelder zahlt. Hier geht’s zu unserem exemplarischen Vertragsmuster im bearbeitungsfreundlichen Word-Format.
Diese rechtlichen Konsequenzen drohen im Bußgeldverfahren
Rechtliches Fehlverhalten bleibt selten ohne Konsequenzen. Fragen Sie sich, was passieren kann, wenn Pflichten im Bußgeldverfahren nicht beachtet werden?
Was passiert eigentlich …
… wenn Sie als Fuhrparkleiter die Antwortfrist im Anhörungsbogen nicht einhalten? Mit dem Versand von Anhörungsbogen eröffnen die Behörden Bußgeldverfahren gegen Ihre Dienstwagenfahrer, die mit Ihren Firmenwagen ordnungswidrig gehandelt haben. Die im Anhörungsbogen angegebene Antwortfrist beträgt in der Regel zwei Wochen, sie kann aber auch abweichen. Als Fuhrparkverantwortlicher sind Sie in Vertretung Ihres Arbeitgebers, des Halters, dazu verpflichtet, personenbezogene Daten fristgerecht zu prüfen und zur Fahrerermittlung beizutragen. § 111 OWiG sieht es als eigenen Ordnungswidrigkeitstatbestand vor, falls keine oder falsche Angaben gemacht werden.
… wenn der Dienstwagenberechtigte angibt, er sei nicht gefahren und wisse auch nicht, wer gefahren sei, nachdem Sie seinen Namen an die Behörde übermittelt haben? Beschuldigte haben ein Aussageverweigerungsrecht. Das heißt, sie müssen weder sich selbst noch Angehörige belasten. Jedoch müssen sie die Richtigkeit der Angaben zur Person prüfen.
… wenn die Behörde keinen Fahrer ermitteln kann? Wenn die Behörde keinen Fahrer zur Zahlung des Bußgelds ermitteln kann, der mit einem Ihrer Firmenwagen eine Ordnungswidrigkeit begangen hat, muss Ihr Unternehmen das Bußgeld nicht übernehmen, es sei denn, es handelt sich um einen Parkverstoß im ruhenden Verkehr. Dann kann gemäß § 25a StVG auch der Halter in Anspruch genommen werden.
… wenn Ihre Fahrer ihre Frist, innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Bußgeldbescheids Einspruch zu erheben, nicht einhalten? Dann ist nach § 69 Zwischenverfahren – Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) der Einspruch zunächst unzulässig. Es besteht aber die Möglichkeit, einen fristgerechten Antrag auf eine gerichtliche Entscheidung zu stellen.
… wenn Ihre Fahrer Zahlungsfristen für Bußgelder nicht einhalten? Ihre Fahrer müssen den im Bußgeldbescheid aufgeführten Betrag in der Regel innerhalb von 14 Tagen begleichen, falls sie keinen rechtskräftigen Einspruch eingelegt haben. Lassen sie die Zahlungsfrist verstreichen, erhalten sie zunächst eine Mahnung für den Bußgeldbescheid. Wird diese ignoriert, erfolgt nach § 90 OWiG eine Vollstreckung des Bußgeldbescheides. Ignorieren Ihre Fahrer auch den Vollstreckungsbescheid, kann nach § 96 OWiG eine Erzwingungshaft angeordnet werden.
… wenn ordnungswidriges Verhalten ein Fahrverbot für Ihre Fahrer nach sich zieht? Ihre Mitarbeiter sind verpflichtet, Ihnen unverzüglich die Verhängung eines Fahrverbots gegen sie oder die Entziehung ihrer Fahrerlaubnis anzuzeigen. Ein Fahrverbot kann arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.
… wenn sich Ihre Dienstwagenfahrer immer wieder ordnungswidrig verhalten? Da Ihre Dienstwagenfahrer persönlich haften, können Sie nicht für deren ordnungswidriges Verhalten belangt werden. Bei einer Häufung von Delikten steigt das Risiko von Fahrverboten, was Mobilität und berufliche Tätigkeit Ihrer Mitarbeiter erheblich einschränken kann, und auch das Risiko von Schäden in Ihrer Flotte steigt.
Fazit: Bußgeldmanagement erfordert weit mehr, als nur den Anhörungsbogen zu beantworten
- Bußgeldbescheide können, je nach Schwere der begangenen Ordnungswidrigkeit im Straßenverkehr, mit ein bis zwei Punkten ins Fahreignungsregister eingetragen werden oder hohe Geldbußen und Fahrverbote für Ihre Dienstwagenfahrer bedeuten.
- Je mehr Bußgeldbescheide bei Ihnen auf dem Fuhrparkleiter-Schreibtisch landen, desto mehr Zeit verbringen Sie damit, die Korrespondenz mit den Behörden fristgerecht zu übernehmen und Ihre Fahrer zu informieren.
- Können Sie Ihrer Pflicht, die Behörden zur Ermittlung der Fahrer zu unterstützen, nicht nachkommen, riskieren Sie eine Fahrtenbuchauflage für Ihre gesamte Flotte.
Eine Frage der Haftung
Kommt es z. B. durch Handyverstöße, eine vorsätzlich begangene Ordnungswidrigkeit, zu einem Schaden während einer Dienstfahrt, kann der Fahrer dafür in Regress genommen werden. Welche spannenden Haftungsfragen bei der beruflichen und privaten Dienstwagennutzung noch mitfahren, lesen Sie in unserem Handout zu Teil 3 und 4 unserer Seminarreihe „Recht im Fuhrpark“.
Quellen
ADAC-Bußgeldrechner: Bußgeldkatalog 2023
Verkehrsauffälligkeiten: Kraftfahrt-Bundesamt – Verkehrsauffälligkeiten
Punktekatalog: Kraftfahrt-Bundesamt – alphabetisch Alle Ordnungswidrigkeiten finden Sie alphabetisch sortiert im Punktekatalog des Kraftfahrt-Bundesamts, in dem Sie sich über die Bepunktung von Straftaten, Ordnungswidrigkeiten, Zuordnung bei Fahranfängern auf Probe, Regelsätze und Fahrverbote informieren können.
Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG): Inhaltsübersicht OWiG – Einzelnorm
Straßenverkehrsgesetz (StVG): StVG – nichtamtliches Inhaltsverzeichnis
Straßenverkehrsordnung: StVO 2013 – nichtamtliches Inhaltsverzeichnis
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