Kein Handy am Steuer: Richten Sie Ihren Fokus auf Fahrsicherheit
Wie können Sie Ihre Fahrer für die Gefahren durch Ablenkung im Dienstwagen sensibilisieren und Handyverstößen einen Riegel vorschieben?
Lesezeit: 6 Minuten Handyverstöße können teuer werden und ein Fahrverbot nach sich ziehen. Sogar der Tatbestand der fahrlässigen Körperverletzung kann im Raum stehen. Schärfen Sie das Bewusstsein Ihrer Fahrer, wie folgenschwer Sekunden ihrer Ablenkung sein können, und etablieren Sie Fahrsicherheit in Ihrer Unternehmenskultur.
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Vorsätzlich, fahrlässig und teuer: Handynutzung am Steuer
Alarmierend: Immer mehr Unfälle passieren durch Handyverstöße. Verkehrsexperten gehen davon aus, dass mehr als die Hälfte aller Autofahrer ihr Smartphone regelmäßig am Steuer benutzt. Durchschnittlich jeder sechste Autofahrer verfasse während der Fahrt eine Textnachricht. Wie viele Mitarbeiter, die sich so verhalten, hätten Sie in Ihrem Unternehmen, wenn diese Statistik auch auf Ihre Dienstwagenfahrer zuträfe?
Wegen der hohen Unfallgefahr durch Ablenkung am Steuer verpflichtet der Gesetzgeber Autofahrer zu voller Aufmerksamkeit im Straßenverkehr: Jeder, der ein Fahrzeug führt, ist nach § 23 Straßenverkehrsordnung (StVO) – Sonstige Pflichten von Fahrzeugführenden dafür verantwortlich, dass seine Sicht und das Gehör nicht durch die Besetzung, Tiere, die Ladung, Geräte oder den Zustand des Fahrzeugs beeinträchtigt werden.
Gegen den Blindflug: Finger weg vom Handy!
„Wer bei Tempo 50 nur zwei Sekunden lang Whatsapp-Nachrichten checkt, sieht 30 Meter lang nicht, was vor ihm passiert“, warnt die Polizei vor der Gefahr, durch Ablenkung im Blindflug unterwegs zu sein. Aber nicht nur der Blick aufs Handy, auch laute Musik lenkt ab. Und wer kennt es nicht, dass sein Navigationssystem uneindeutige Anweisungen gibt oder mit der Bitte zu wenden die Konzentration des Fahrers vom Verkehrsgeschehen ablenkt?
Daher dürfte es bekannt sein, dass es gemäß § 23 Straßenverkehrsordnung (StVO) – Sonstige Pflichten von Fahrzeugführenden verboten ist, während der Fahrt mit dem Handy in der Hand zu telefonieren oder andere elektronische Geräte zu nutzen oder zu halten. Nach der StVO sind dies Geräte der Unterhaltungselektronik oder Geräte zur Ortsbestimmung, insbesondere Mobiltelefone oder Autotelefone, Berührungsbildschirme, tragbare Flachrechner, Navigationsgeräte, Fernseher oder Abspielgeräte mit Videofunktion oder Audiorekorder und visuelle Ausgabegeräte wie Videobrillen.
„Wer ein Fahrzeug führt, darf ein elektronisches Gerät, das der Kommunikation, Information oder Organisation dient oder zu dienen bestimmt ist, nur benutzen, wenn
- 1.hierfür das Gerät weder aufgenommen noch gehalten wird und
- 2.entweder a) nur eine Sprachsteuerung und Vorlesefunktion genutzt wird oder b) zur Bedienung und Nutzung des Gerätes nur eine kurze, den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen angepasste Blickzuwendung zum Gerät bei gleichzeitig entsprechender Blickabwendung vom Verkehrsgeschehen erfolgt oder erforderlich ist.“
Damit ist es auch untersagt, durch die Berührung des Touchscreens eine Navi-App (auch bei fest installierten Geräten) zu bedienen oder aus dem Telefonbuch den gewünschten Gesprächspartner während der Fahrt zu ermitteln. Viele Neufahrzeuge blockieren die Bedienung des Touchscreens daher bereits automatisch nach wenigen Sekunden.
Die Start-Stopp-Automatik macht keinen Unterschied beim Führen eines Kraftfahrzeugs
Das Führen eines Kraftfahrzeuges ist auch dann gegeben, wenn der Motor aufgrund der Start-Stopp-Automatik ausgeschaltet ist. Nur wenn das Fahrzeug steht und der Wagen tatsächlich ganz aus ist, wäre die Benutzung nicht verboten. Wer meint, sein Auto an einer Ampel bei Rotlicht ganz abstellen und sodann straffrei telefonieren zu können, riskiert nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Bamberg jedoch ein Bußgeld nach § 1 Abs. 2 StVO.
Es lohnt sich nicht: Handyverstöße sind vorsätzlich und teuer
Die rechtswidrige Benutzung eines elektronischen Geräts zählt zu den vorsätzlich begangenen Ordnungswidrigkeiten. Bußgeldbescheide für Handyverstöße können, je nach Schwere des Delikts, mit ein bis zwei Punkten ins Fahreignungsregister eingetragen werden und ein Fahrverbot für Ihre Dienstwagenfahrer bedeuten.
Hinzu kommt eine Geldbuße von mindestens 100 €. Verursacht ein Fahrer einen Unfall durch die Nutzung seines Handys, erhöht sich die Geldbuße auf 200 €. Bei einer Verletzung eines Beteiligten steht selbstredend auch der Tatbestand der fahrlässigen Körperverletzung im Raum.
Und im Ausland wird es noch teurer. Handyverstöße werden in allen Ländern Europas mit Bußgeld geahndet. Wird einer Ihrer Fahrer in einem unserer Nachbarländer erwischt, kann es wie in den Niederlanden mit 420 € richtig teuer werden.
Ihre Fahrer haften für ihr Verhalten im Straßenverkehr
Verursachen Ihre Mitarbeiter schuldhaft Schäden mit ihren Dienstfahrzeugen, können sie dafür von Ihrem Unternehmen in Regress genommen werden. Laden Sie sich jetzt das Handout zu unserer Seminarreihe „Recht im Fuhrpark – Schadenersatz bei Verkehrsunfall“ herunter und vertiefen Sie Ihr Wissen darüber, wer für entstandene Schäden haftet, wenn Ihre Firmenfahrzeuge an einem Verkehrsunfall beteiligt sind.
So fördern Sie das Sicherheitsbewusstsein Ihrer Fahrer
Ständige Erreichbarkeit und der Drang, während einer Autofahrt zu kommunizieren, erhöhen das Unfallrisiko in Ihrer Flotte. Schärfen Sie das Bewusstsein Ihrer Mitarbeiter dafür, wie folgenschwer Sekunden der Ablenkung für andere Verkehrsteilnehmer und für sie selbst sein können. Keine Whatsapp-Nachricht, kein Anruf ist ein Menschenleben wert.
Dienstwagen sind keine mobilen Büros
Etablieren Sie Fahrsicherheit in Ihrer Unternehmenskultur. Hier finden Sie einige Anregungen, um Mitarbeiter dafür zu sensibilisieren, dass der Dienstwagen ihrer Mobilität dient und kein mobiles Büro ist.
- Schützen Sie sich vor Ablenkung durch Ihr Fahrzeug als „mobiles Büro“. Fühlen Sie sich niemals gezwungen, Anrufe während der Fahrt anzunehmen oder selbst zu initiieren.
- Aktivieren Sie die Mailbox Ihres Mobiltelefons. Informieren Sie Ihre Anrufer im Ansagetext, dass Sie sie zurückrufen.
- Überprüfen Sie die Nachrichten auf Ihrer Mailbox und erledigen Sie alle ausgehenden Anrufe erst, sobald Sie Ihren Dienstwagen sicher geparkt und den Motor abgestellt haben.
- Schreiben oder senden Sie niemals Text-/SMS-Nachrichten, während Ihr Fahrzeug in Bewegung ist.
Vertraglich zur Vorsicht verpflichtet
Sicherheit bei der Dienstwagennutzung kann nur gewährleistet werden, wenn Ihre Fahrer im Straßenverkehr vorsichtig sind und sich an die Verkehrsregeln halten. Ihr Dienstwagenüberlassungsvertrag ist Bestandteil des Anstellungsvertrags zwischen Ihrem Unternehmen und seinen Dienstwagenfahrern. Er regelt die Rechte und Pflichten Ihrer Fahrer bei der dienstlichen und privaten Nutzung von Dienstwagen – am besten ohne Raum für Interpretation. Somit ist es wichtig, dass Ihr Dienstwagenüberlassungsvertrag auf die Einhaltung der bestehenden Gesetzeslage verweist, z. B. wie folgt:
§ Fahrzeugnutzung
Der Mitarbeiter ist verpflichtet, die aus dem Betrieb und der Haltung des Fahrzeugs folgenden gesetzlichen Vorgaben des Straßenverkehrsgesetzes (StVG), der Straßenverkehrsordnung (StVO) und der Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) sowie sonstige Straßenverkehrsvorschriften einzuhalten; diese Verpflichtungen gelten auch gegenüber der Gesellschaft. (Auszug aus dem Muster eines Dienstwagenüberlassungsvertrags)
Sie können in Ihrem Dienstwagenüberlassungsvertrag weitreichendere Regeln aufstellen, um für noch mehr Sicherheit zu sorgen. So können Sie Ihren Fahrern über die gesetzlich vorgeschriebene 0,5-Promille-Grenze hinaus per Dienstwagenüberlassungsvertrag ein striktes Alkoholverbot bei der Nutzung Ihrer Dienstwagen aussprechen:
Auch wenn die Haftungsfrage für vorsätzlich verursachte Beschädigungen, zu deren Ursache auch Handyverstöße zählen, im Dienstwagenüberlassungsvertrag bereits geklärt wurde, können Sie Regelungen für Ihre Dienstwagenfahrer über den § 23 Straßenverkehrsordnung (StVO) hinaus spezifizieren.
Beispiel 1: Die Nutzung von elektronischen Geräten während der Fahrt ist ausschließlich für Telefonate und nur über eine ordnungsgemäß installierte Freisprecheinrichtung gestattet. Wenn das Fahrzeug in einen Unfall verwickelt ist und es sich herausstellt, dass der Fahrer während der Fahrt ein Handy/elektronisches Gerät benutzt hat, behält sich die Gesellschaft das Recht vor, von ihrem Mitarbeiter die Zahlung aller Bußgelder und Kosten zu verlangen.
Beispiel 2: Die Nutzung von elektronischen Geräten während der Fahrt ist für Telefonate, sowohl für Dienst- als auch für Privatgespräche, untersagt. Die Programmierung des Navigationsgeräts darf ausschließlich bei ausgeschaltetem Motor und sicherem Parken des Fahrzeugs erfolgen.
Achtung, Handygeschosse!
Auch wenn sie nicht genutzt werden, können im Dienstwagen herumliegende Handys ein Risiko für die Fahrsicherheit sein. Machen Sie Ihre Fahrer in der jährlichen Fahrerunterweisung auf ihre Pflicht zur Ladungssicherung aufmerksam. Es droht Verletzungsgefahr, wenn ihr 300 g schweres Handy bei einem Aufprall oder einer Vollbremsung bei einer Geschwindigkeit von 50 km/h zu einem 15-kg-Geschoss wird.
Formulieren Sie die Rechte und Pflichten Ihrer Fahrer eindeutig
Hier geht’s zu unserem exemplarischen Muster eines Dienstwagenüberlassungsvertrags im bearbeitungsfreundlichen Word-Format.
Fazit: Etablieren Sie Fahrsicherheit in Ihrer Unternehmenskultur
- Ihre Fahrer sind zur Einhaltung aller Vorschriften und Gesetze im Straßenverkehr verpflichtet. Dazu gehört auch die Verantwortung dafür, dass weder Sicht noch Gehör beeinträchtigt werden.
- Navigationssysteme helfen, Wege einfacher zu finden und damit Stress zu reduzieren. Unterschätzen Sie trotzdem nicht das Ablenkungspotenzial, wenn Anweisungen nicht eindeutig sind oder der „Bitte wenden“-Aufruf Stress erzeugt.
- Handyverstöße führen zu extremer Ablenkung und stellen ein erhebliches Unfallrisiko dar, wenn Fahrer im Blindflug unterwegs sind. Denken Sie aber auch daran, dass Handys als ungesicherte Ladung zu einem gefährlichen Geschoss werden können.
- Telefonieren Ihre Dienstwagenfahrer mit dem Handy in der Hand oder schreiben damit Textnachrichten während der Fahrt, handeln sie fahrlässig und unverantwortlich. Wer bei der Fahrt die Finger nicht von elektronischen Geräten lässt, dem drohen eine Bußgeldzahlung und ein Fahrverbot.
- Sicheres Fahren ist Einstellungssache jedes einzelnen Mitarbeiters und Ihres Unternehmens. Machen Sie sich bei Ihren Fahrern dafür stark, dass im Dienstwagen die Aufmerksamkeit auf dem Fahren liegt und keinerlei andere Aktivitäten erwünscht sind. Auch wenn der Gesetzgeber und Ihr Unternehmen es gestatten: Auch das Telefonieren mit Freisprecheinrichtung lenkt immer vom Fahren ab.
- Es ist in Ordnung, nicht allzeit erreichbar zu sein. Ein Dienstwagen ist kein mobiles Büro. Nehmen Sie während der Fahrt besser keine Anrufe entgegen. Lassen Sie eine Nachricht auf Ihre Mailbox sprechen und rufen Sie beim nächsten Haltestopp entspannt zurück.
Wie viele Handyverstöße zählen Sie in Ihrer Flotte?
Gehen Sie wiederkehrenden Schadenursachen auf den Grund. Finden Sie heraus, ob Sie bereits alle Risikobereiche aktiv managen.
Quellen
§ 23 Straßenverkehrsordnung (StVO) – Sonstige Pflichten von Fahrzeugführenden
Studie belegt mehr Unfälle durch Smartphone am Steuer | Arbeitsschutz | Haufe
Polizei warnt vor Gefahren durch Ablenkung am Steuer | Polizei NRW
Handy am Steuer: Bußgelder und Strafen 2024
Punktekatalog
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Kraftfahrt-Bundesamt – alphabetisch – Sonstige Pflichten von Fahrzeugführenden
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